Montag, 23. April 2012

Wie wird man Chef?


Hanau – (grü) „Wer führen will muss es sich verdienen“, sagt Dr. Marion Ebel, Verhaltensbiologin im Wildpark alte Fasanerie.  Die Polarwölfe Ayla und Scott gelten als die unumstrittenen Leader ihres Rudels, doch mit der Integration der neuen Jungwölfe gerät das gewachsene Gefüge der sozialen Rangfolge in Bewegung.
 

Mit knapp einem Jahr, und damit kurz vor der Paarungszeit, suchen Mona, Inuq und Aslan ihren Platz innerhalb der bestehenden Hierarchien. Positionskämpfe sind daher zur Zeit an der Tagesordnung im Gehege des Wildparks. „Führung bei Wölfen wird immer hinterfragt“, sagt Ebel. Dominanz und Respekt sind hier die beiden Pole die eng miteinander verknüpft sind. Wie nähert sich das rangniedere Tier dem höhergestellten? Wer sendet welche Gesten aus? Sind diese ausreichend? „Einen guten Alphawolf erkennt man schon an der Art und Weise wie er läuft“, sagt Ebel. Aufgerichtetes Fell, den Schwanz hoch im Wind, sind Signale an denen auch ein Außenstehender sehen kann wer im Rudel etwas zu sagen hat. Die Rangniederen zeigen dies indem sie sich kleiner machen, die Beine einknicken, den Schwanz einziehen, die Individualdistanz einhalten und sprichwörtlich drei Zentimeter unterhalb des Teppichs unterwegs sind. Diese Signale nehmen die Leittiere wahr, mangelnder Respekt, wird geahndet. Oft stehen dann die Ranghöheren breitbeinig über den niedrigeren Rängen. Das dominante Tier stellt eine Pfote  auf dem Körper des Unterlegenen ab und bietet diesem, den Hals an. Je dominanter desto weiter geht das Tier im Zeigen seiner schwachen Seite, sagt Ebel. Ein Verhalten, das sich zur Zeit ebenfalls gut beobachten lässt. Nicht immer ist es allerdings der körperlich stärkste Wolf der die Leitung des Rudels innehat. Mehr noch als Stärke zählen soziale Kompetenzen. Kann das Leittier eine erfolgreiche Jagd organisieren und so das Überleben der Gruppe sichern? Wölfe spüren dabei sehr gut wenn die Zeit des Alphatiers zu Ende geht. Solidarität mit dem langjährigen Leader sucht man vergebens. In kürzester Zeit schließen sich die Tiere dem neuen Alphawolf an. Und nicht immer ist der Omega Wolf, also jener der in der Hierarchie am unteren Ende steht, der Schwächste. „Im Gegenteil“, sagt Ebel. Der Omegawolf ist ein potentieller Leader, deswegen wird er vom Chef der Gruppe auch klein gehalten, weil er sonst dessen Position gefährden könne, so die Biologin. In der freien Natur würde dieser die Gruppe verlassen und ein neues Rudel gründen.

Das Sozialverhalten der Wölfe weist dabei mitunter verblüffende Parallelen zur menschlichen Gesellschaft auf. Erkenntnisse die Ebel auch schon auf Management Seminare vortrug. Das gemeinsame Heulen, schwört die Gruppe auf ein Ziel ein und schafft Verbindungen. In der Regel beginnt der Leader dieses beeindruckende Schauspiel. Anlässlich der Wolfsheulnächte initiiert jedoch die Biologin das gemeinsame Heulen und macht sich dabei ein Phänomen zu Nutze, das sich Stimmungsübertragung nennt. Ein Verhalten, das während der Paarungszeit von Ayla  und Scott nicht geduldet werden würde. Deshalb gibt es im Februar und März keine derartigen Veranstaltungen. „Sonst wäre es für mich zu gefährlich“, sagt Ebel. Denn Ebel hat  nicht die Position des Leittieres in der Gruppe. Sie ist geduldeter Sozialpartner, der Futter und Streicheleinheiten anbietet. Diese Sonderstellung außerhalb der Kämpfe um Rang,basiert auf der Prägungsphase, als Ebel die Kleinen mit der Flasche aufzog, sagt sie und ist bei Wölfen nahezu unumkehrbar und stabil. „Auch nach 10 Jahren  würden mich die Wölfe erkennen.“

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